11. Interdisziplinärer WundCongress am 29. November 2018 in Köln

11. Interdisziplinärer WundCongress am 29. November 2018 in Köln

Immer gut gewickelt

Kerstin Protz

(Köln) Unter dem Motto „Wundversorgung 4.0 – Die Zukunft beginnt heute“ fand der elfte Interdisziplinäre WundCongress (IWC) in den Kölner Sartory-Sälen statt. Die erfolgreiche Kongressreihe der PWG-Seminare wendet sich an alle an der Versorgung von Menschen mit Wunden beteiligten Akteure und legt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf das Zusammenwirken aller Beteiligten über Berufsgrenzen hinweg. Kerstin Protz, Krankenschwester und Fachexpertin des Medical Data Institute sprach über den aktuellen Forschungsstand und die alltägliche Versorgungspraxis in der Kompressionsversorgung.

Der elfte IWC in den Kölner Sartory-Sälen bot ausreichend Gelegenheit „Neuerungen kennenzulernen, auszuprobieren und mit in den Alltag zu nehmen“, wie es Vera Lux, Pflegedirektorin des Universitätsklinikums Köln in ihrem einleitenden Grußwort ausdrückte. Die über 1.000 Besucher nutzen entsprechend die Gelegenheit, sich an den zahlreichen Ständen diverser Hersteller, Dienstleister und Initiativen über aktuelle Themen in der Wundversorgung zu informieren. Parallel zu den Vorträgen des Hauptprogramms gab es die Möglichkeit, in sechs sogenannten „Satelliten-Workshops“, in kleineren Gruppen bestimmte Themenkomplexe, wie Silber in der Wundversorgung oder die gesetzlichen Neuerungen im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung (HHVG) zu vertiefen.
    
Im Anschluss an die einleitenden Worte von Frau Lux und des Kongresspräsidenten Professor Dr. Volker Großkopf sprach die MDI-Fachexpertin Kerstin Protz im gut gefüllten Hauptsaal über die Kompressionstherapie, die eine Säule der Versorgung von Menschen mit Ulcus cruris venosum (UCV) darstellt. In der Kompressionstherapie seien Protz zu Folge die oft verwendeten Kurzzugbinden eigentlich ein „alter Zopf“, der längst abgeschnitten gehöre. Alternativ gibt es die Möglichkeit, Patienten mit einem UCV mit modernen Mehrkomponentensystemen zu versorgen. Diese Produkte haben sich in mehreren Aspekten den Kurzzugbinden gegenüber als überlegen erwiesen. So halten Mehrkomponentensysteme den therapierelevanten Druck besser und verrutschen auch nicht so schnell, wie herkömmliche Kurzzugbinden. „Diese Systeme sind vielleicht modern, aber sicher nicht neu“, merkte Protz an. Sie werden seit fast zwanzig Jahren von vielen Herstellern am deutschen Markt angeboten. Eine weitere aktuelle Alternative für die Kompressionstherapie sind die adaptiven Kompressionsbandagen. Dies sind wiederverwendbare Manschetten, die mit Klettverschlüssen fixiert werden. Die Klettungen ermöglichen das nachträgliche Regulieren des Anlagedrucks, was eines der aktuell verfügbaren System sogar durch eine Schablone unterstützt, anhand derer die erreichten Druckwerte ablesbar sind. Die adaptiven Kompressionsbandagen können von Betroffenen, die noch entsprechend beweglich sind oder deren Angehörigen selbst angelegt und nachjustiert werden. Dies unterstützt maßgeblich die Akzeptanz gegenüber der Kompressionstherapie, so Protz.

„Die Materialien sind also verfügbar, leider fehlt es oft an grundlegenden Kenntnissen“, merkte die Hamburger Autorin an. Dies verdeutlichte Protz anschließend anhand einer aktuellen Untersuchung. In einer deutschlandweit durchgeführten Studie wurde im Jahre 2014 die Versorgungsrealität bei Patienten mit UCV erhoben, bevor diese in ein spezialisiertes Versorgungszentrum aufgenommen wurden. Etwa ein Drittel der Betroffenen wurde vorher gar nicht mit Kompressionsmaterialien versorgt. Etwa zwei Drittel der Befragten wurden, trotz mehrheitlich mit seit über einem Jahr bestehender Wunde, nicht durch einen Spezialisten, sondern durch ihren Hausarzt versorgt. Im Schnitt trugen die Befragten ihre Kompressionsbinden seit mehr als 40 Wochen. „Das sind bedenkliche Ergebnisse, denn nach spätestens vier Wochen sollte die Entstauung erfolgreich sein und die Versorgung auf Ulcus-Strumpfsysteme umgestellt werden“, kritisierte Protz. Oft fehlt es den Versorgern jedoch an grundlegenden Kenntnissen. Als Grund hierfür sieht die MDI-Fachexpertin auch die mangelnde Thematisierung der Kompressionstherapie in der Ausbildung. „Pflege-Azubis hören maximal in ein bis zwei Unterrichts-Stunden etwas zur Kompressionstherapie“,  merkte Protz an. „Dennoch wird erwartet, dass jede ausgebildete Pflegekraft Kompressionsverbände sachgerecht anlegen kann.“

Als drängendste Frage der Versorgung von Menschen mit chronischen Wunden sieht Kongresspräsident Großkopf die Herausforderung, dem Betroffenen auch unter ökonomischen Gesichtspunkten eine sachgerechte und wissenschaftlich fundierte Therapie zukommen zu lassen. Der Beitrag der MDI-Fachexpertin Kerstin Protz auf dem diesjährigen IWC legte dementsprechend einen Fokus auf den aktuellen Sachstand in der Kompressionstherapie. Zudem regte Protz die Versorger dazu an, sich im Rahmen von Qualifikationen und Fortbildungen über die neuesten Erkenntnisse und aktuellen Methoden zu informieren. Auch Kongresse wie der IWC sind in diesem Sinne fester Bestandteil der Vermittlung des entsprechenden Fachwissens an alle an der Pflege und Therapie von Menschen mit chronischen Wunden beteiligten Versorger.

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